Landkreise beklagen Zerstörung funktionierender Hilfesysteme für junge Menschen durch die Bundesregierung

„Dies ist eine der schlechtesten Nachrichten, die uns die Bundespolitik in den letzten Jahren überhaupt zugemutet hat und die uns sozialpolitisch um fast zwanzig Jahre zurückwirft. Es ist wirklich kein einziger sinnvoller Bestandteil oder gar Vorteil in diesem Vorgehen zu erkennen. Darin sind sich alle Fachleute einig.“ So lautet der erste Kommentar des Präsidenten des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), Landrat Sven Ambrosy, zum Beschluss des Bundeskabinetts, unter 25jährige künftig nicht mehr im SGB II zu fördern. 

Ende Juni hatte die Ankündigung des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil für massive Kritik gesorgt, er wolle junge Menschen unter 25 Jahren nicht mehr wie bisher von den kommunal verankerten Jobcentern bzw. im SGB II (Bürgergeld), sondern durch die Arbeitsagenturen betreuen lassen, um rund 900 Millionen Euro zu sparen. Dagegen hatten sich geschlossen die Länderministerien, sämtliche Jobcenter, die kommunalen Spitzenverbände, Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände ausgesprochen. Im vom Bundeskabinett beschlossenen Haushaltsfinanzierungsgesetz werden die Eckpunkte festgelegt.

„In Niedersachsen bedeutet dies z. B. das Ende der Jugendwerkstätten. Dort werden bisher mit 90 Millionen Euro jährlich besonders hilfsbedürftige Jugendliche beschäftigt. Über mindestens 15 Jahre aufgebaute Präventionsnetzwerke werden zerstört, die mühsam errichtet wurden und zuverlässig funktionieren,“ beklagt NLT-Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer.

„In einer Zeit, in der der gesellschaftliche Zusammenhalt wesentlich davon abhängt, dass den Kommunen als Träger der Jugend- und Sozialhilfe aber auch der Schulen die Integration von benachteiligte Bevölkerungsgruppen gelingt, schafft der Bund zum wiederholten Male maximale Verunsicherung“ kritisiert der Vorsitzende des NLT-Jugend- und Sozialausschusses, Landrat Peter Bohlmann (Verden). Nicht nur, dass durch die noch nicht konkretisierten Pläne für eine mögliche Kindergrundsicherung die Gefahr besteht, dass die zweckgebundenen Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket für gezielte Lernförderung in Pauschalen verschwinden, jetzt soll auch noch die Vermittlung arbeitsloser Jugendlicher von anderen kommunalen Angeboten abgekoppelt und auf eine Bundesbehörde übertragen werden. Betroffen davon wären allein in Niedersachsen fast 75 000 arbeitslose Jugendliche, die und deren Familien dann wieder mit mehreren Anlaufstellen zu tun hätten, obwohl die mit der der sozialen Arbeit Befassten und die Hilfedürftigen eine einheitliche Betreuung durch Behörden vor Ort für zwingend erforderlich halten, so Bohlmann. 

Der NLT appelliert daher an den Deutschen Bundestag, diesen Irrweg nicht mitzugehen, sondern auf den Sachverstand der Länder, der Landkreise und der Sozialpartner zu hören.